Erfahrungen, Erkenntnisse und Ausblick
Die Sicherung der zukünftigen Energieversorgung bleibt eine der großen Herausforderungen für die Politik in den kommenden Jahrzehnten. Aufgrund der begrenzten Ressourcen wird der Höhepunkt der Erdölförderung vermutlich in den nächsten Jahren überschritten, wodurch steigende Energiepreise, verstärkte Konkurrenz um die knapper werdenden Ressourcen sowie voraussichtlich neue politische und militärische Konfliktfelder verursacht werden. Die Beibehaltung der überwiegend fossilen Energieerzeugung birgt zudem Risiken für die Stabilität des Klimas. Auch die Nutzung der Kernenergie zur Energieerzeugung ist schon aufgrund der absehbar endlichen Uranvorräte keine endlos zukunftsweisende Option. Was bleibt, ist die Nutzung der heimischen Energieressourcen mit Schwerpunkt auf den umweltfreundlichen und erneuerbaren Technologien.
Der deutsche Bundestag hat daher im Juni 2008 beschlossen, den Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis 2020 auf 30% zu steigern, nachdem 2007 bereits 14,2% des Bruttostromverbrauchs aus alternativen Quellen stammte. Bei der Erreichung dieses Ziels ist die Geothermie eine "ernst zu nehmende Option", wie im Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung (TAB) beim Deutschen Bundestag (Ber. Nr. 84, Febr. 2003, -18-) festgestellt wurde. Das technische Gesamtpotenzial zur Stromerzeugung deckt das 600-fache des deutschen Jahresstrombedarfs, wobei mit 95% der größte Teil auf die Tiefe-Geothermie in Kristallingebieten, d. h. auf die EGS-Technologie entfällt. Die Erkundung und Nutzung von Bodenschätzen bleibt jedoch eine immer nur bedingt planbare Technik, bei der man vielfach nur auf mühsam zu gewinnende Erfahrungen angewiesen ist- eine Lehre, die Bergleute und Erdölingenieure schon vor langer Zeit ziehen mussten. Fortschritte sind dabei stets mit großen technischen und finanziellen Anstrengungen verbunden - Anstrengungen, wie sie in der Forschung am leichtesten im Rahmen eines multinationalen Projektes gemeinschaftlich, Staat, Forschung und Industrie erbracht werden können. Das Europäische Gemeinschaftsprojekt in Soultz wird daher auch in Zukunft eine große Rolle bei der Entwicklung der EGS-Technologien spielen.
Seit Ende 2007 macht EGS-Technologie an den Standorten Soultz und Landau praktische Erfahrungen beim Betrieb und bei der Stromerzeugung unter kommerziellen Rahmenbedingungen. Welche Erfahrungen und Erkenntnisse wurden im Rückblick bisher aus dem Bau und Betrieb dieser Anlagen zumindest für den Oberrheingraben gewonnen:
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Im Bereich der Bohrtechnik gibt es keine großen Entwicklungsdefizite. Hier muss nun vor allem der Langzeitbetrieb zeigen, wie sich die einzelnen Bohrlochkomplettierungen in der Praxis bewähren. Schwierigkeiten bereitet jedoch immer wieder das (stark schwankende) hohe Preisniveau aller an die Öl- und Gasindustrie sich anlehnenden Serviceleistungen. Hier kann die Geothermie oftmals nicht folgen, da die Gewinnmargen viel kleiner sind als in der Kohlenwasserstoffindustrie. Der Marktwert eines Barrels heißen Wassers liegt bei weniger als dem Hundertstel eines Barrel Öls. Linderung kann hier nur ein mit der Geothermieindustrie wachsender, auf die Geothermie und Ihre Problemstellungen spezialisierter Servicemarkt bieten.
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Die Erfahrungen mit der Technologie der hydraulischen Stimulation haben gezeigt, dass die Fähigkeit, Durchlässigkeit im Gebirge künstlich zu schaffen, deutlich begrenzt ist. In der Praxis kann selten eine Injektivität von mehr als 1 l/s/bar erzielt werden. Hieraus folgt, dass, um kommerzielle Fließraten bei akzeptablen Drücken erzielen zu können, Strukturen mit bereits natürlich vorhandener Durchlässigkeit in die Reservoirkonzepte mit einbezogen werden müssen. Andere Stimulationstechniken, wie z. B. die gezielte Mehrfachstimulation in einer Bohrung, können hier noch neue Wege für die Stimulationstechniken eröffnen. Allerdings liegen bisher nur wenig praktische Erfahrungen vor und außerdem sind noch nicht alle technischen Fragestellungen eindeutig geklärt. Wichtig erscheint uns auch die Beobachtung, dass in Soultz und Landau die während der Stimulation beobachtete Injektivität im Wesentlichen auch der nach der Ertüchtigung verbleibenden Injektivität entspricht.
Energie treibt uns natürlich an